Verfassungsrechtliche Rechtfertigungsanforderungen an Differenzierungen bei gemeindlicher Zuwendung an Ratsmitglieder und Ratsfraktionen
Die kurzgutachterliche Bewertung im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17.01.2017 von Univ.-Prof. Dr. iur. Johannes Dietlein
Pressemitteilung der Freiherr vom Stein Akademie und des Deutschen Städte- und Gemeindebunds vom 10.04.2017:
Änderung des Grundgesetzes notwendig
- Parteifinanzierung von verfassungsfeindlichen Parteien ausschließen
- Zuwendung an kommunale Mandatsträger und Fraktionen vermeiden
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und die Freiherr-vom-Stein-Akademie haben heute in Berlin eine kurzgutachterliche Bewertung durch Professor Dr. jur. Johannes Dietlein vorgelegt, wie man verfassungsfeindliche Parteien von der Pateifinanzierung, aber auch von Zuwendungen für deren kommunale Mandatsträger ausschließen kann. Um einen rechtssicheren Weg zu begehen, bedarf es einer Änderung des Grundgesetzes, sagten der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeinde-bundes, Dr. Gerd Landsberg und der Geschäftsführer der Freiherr-vom-Stein-Akademie, Verbandsdirektor Winfried Manns.
Der Gesetzgeber sollte die Hinweise des Bundesverfassungsgerichtes im Rahmen des NPD-Verbotsverfahrens aufgreifen und entsprechende Vorschriften zum Entzug der Parteienfinanzierung vorsehen. Im Hinblick auf das Parteienprivileg und die besondere Bedeutung der politischen Parteien für die Willensbildung in unserem Land, sollte ein gesondertes Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geschaffen werden. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung oder eine Landesre-gierung, soweit sich der Wirkkreis der Partei auf dieses Bundesland beschränkt, sollten antragsbefugt sein, vom Verfassungsgericht fest-stellen zu lassen, dass eine Partei verfassungswidrig ist. Die Ver-fahrensvorschriften könnten entsprechend dem Parteiverbotsverfahren entwickelt werden, sagten Dietlein, Landsberg und Manns. Mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit sollte die staatliche Teilfinanzierung ausgeschlossen werden. So hat zum Beispiel die NPD laut Festsetzung für das Jahr 2015 rund 1,32 Millionen Euro erhalten, wenn man den Länder- und den Bundesanteil addiert. Mit der Streichung dieser staatlichen Finanzierung würden verfassungs-feindliche Parteien eindeutig geschwächt. Zu dem Maßnahmenkatalog sollte auch ein Entzug der steuerlichen Privilegierung von Spenden an verfassungsfeindliche Parteien gehören, forderten Manns und Landsberg.
Der Entzug dieser staatlichen Teilfinanzierung würde die NPD allerdings nicht dort treffen, wo sie am stärksten ist, nämlich auf der kommunalen Ebene. Zurzeit hat die NPD in den Bundesländern 338 Sitze in kommunalen Parlamenten. Wie üblich erhalten die Mandatsträger und die entsprechenden Fraktionen entsprechende Leistungen der Stadt oder Gemeinde. Zukünftig sollten Differenzierungen in der Fraktions-finanzierung, die an der politischen Ausrichtung der Fraktionsmitglieder anknüpfen, auf eine belastbare, rechtssichere Basis gestellt werden. Die Notwendigkeit einer solchen Rechtsgrundlage zeigt das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes im Fall der Stadt Büdingen. Das Gericht hat eine Satzungsbestimmung der Stadt wegen Verstoßes des Gleichbehandlungsgebotes für rechtswidrig erklärt, mit der der NPD-Fraktion im Stadtrat die Zuwendungen gekürzt wurden. Deswegen wird vorgeschlagen, im Rahmen des Ausschlusses ver-fassungsfeindlicher Parteien von der Parteifinanzierung auch eine kommunalrechtliche Annexregelung vorzusehen. Mit ihr sollte fest-gelegt werden, dass die Landesgesetzgeber berechtigt oder sogar verpflichtet werden, kommunale Mandatsträger, Gruppen und Fraktionen, die sich aus Mitgliedern verfassungsfeindlicher Parteien zusammensetzen, von Geld- und Sachleistungen auszunehmen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und die Freiherr-vom-Stein- Akademie fordern den Bundesgesetzgeber auf, unverzüglich die notwendigen Schritte für eine entsprechende Grundgesetzänderung vorzunehmen. Wir sind sicher, dass es für eine solche Lösung eine breite Mehrheit im Deutschen Bundestag und im Bundesrat gibt und wir können damit ein Zeichen für eine wehrhafte Demokratie setzen, sagten Landsberg und Manns abschließend.
Das Kurzgutachten können Sie hier herunterladen.